Liebe Freunde dieses Forums,
ich habe mich bemüht, auf die Probleme aufmerksam zu machen, die aus meiner Sicht als Folge der Invasion dieses so harmlos aussehenden Käfers entstehen können.
Aus Mails, die mich erreichen, werden diese Käfer aber tatsächlich oft als nette Bereicherung der Natur angesehen, nur gelegentlich stören sie, wenn sie sich in Wohnungen breit machen.
Nun habe ich einen Text zusammen gestellt, der in aller Kürze etwas Licht in diese Angelegenheit bringen soll:
Um die Sorge um eine nachhaltige Störung in der heimischen Natur etwas mehr zu verdeutlichen, soll im Folgenden auf die bereits entstandenen bzw. künftig möglichen Schäden eingegangen werden. In sehr gekürzter Form kann das etwa so aussehen:
Innerhalb unserer natürlichen Nahrungskette ist eigentlich alles aufeinander abgestimmt. Keine Tiergattung rottet die andere, also ihre eigenen Beutetiere aus. Immer bleibt ein Pool übrig als ausreichende Zukunftsvorsorge! Wenn nun, in diesem Falle der Asiatische Marienkäfer, ein an unsere Verhältnisse nicht angepasstes Fress- und Fortpflanzungsverhalten zeigt, dann kann es kritisch werden, das heißt, der Schwächere muss (leider oft unwiederbringlich!) weichen. Zum Beispiel verzehrt der Asiatische Marienkäfer durchschnittlich pro Tag ca. 100 270 Pflanzenläuse, unserer dagegen nur einen Bruchteil davon! Hinzu kommt noch, dass der Gast unserem Marienkäfer noch die Brut auffrisst!
Die Blattläuse, die ein hiesiger Marienkäfer verzehrt, entsprechen immer etwas weniger als die Vermehrungsrate dieser Insekten ist.
Das Problem Blattläuse ist bezüglich unserer angestammten Nahrungskette von besonderer Bedeutung, wenn man um ihren Nutzen bescheid weiß. Vorweg zunehmen ist dabei noch eine Klärung, die den Begriff Blattläuse etwas präzisiert: Der Volksmund kennt unter diesem Begriff eine Vielzahl ähnlicher Insekten, die ich zusammengefasst als Pflanzensaftsauger bezeichnen möchte, dann treffe ich alle Beteiligten. Sie sind größtenteils Honigtauproduzenten, scheiden also einen zuckersüßen Stoff aus. Honigtau ist eigentlich Kot - aber gleichzeitig auch Nahrung für viele Insektenarten. Wissenschaftler sprechen von ca. 240 Arten, darunter Nützlingen wie Ameisen, Schlupfwespen, Raupenfliegen oder eben einfach solchen, die anderen Tieren als Nahrung dienen.
Viele Ameisenarten sind für ihr Fortbestehen von diesem Stoff sogar abhängig, sie benötigen ihn für sich selbst, die Königin (-nen) und die Brut als wichtige Nahrung.
Weitere Produkte aus den Pflanzensäften sind Wachsfäden, die in besonderen Drüsen entstehen und als Umhüllungen der Körperoberfläche als Schutz vor Angreifern dienen. Gemeint sind die bekannten Kokons, die bei vielen Insektenarten die sogenannten Puppen im letzten Entwicklungsstadium bis zum fertigen Tier schützen sollen.
Ihre Ernährungsbeziehung zu den Pflanzensaftsaugern bringt beiden Vorteile. Die Sauger liefern den Honigtau, im Gegenzug pflegen die Ameisen diese und schützen sie vor Feinden! Unter unseren heimischen Ameisen befinden sich ein großer Teil solcher, die in der Roten Liste der bedrohten Arten in Niedersachsen zu finden sind, die Hügel bauenden Waldameisen stehen seit ein paar Jahren unter besonderem Schutz! - Wichtig: unsere sogenannten und nicht immer angenehmen Hausameisen gehören nicht mit zu diesen geschützten Gattungen!
Ameisen tragen in erheblichem Umfang zur Gesunderhaltung unserer leider gebeutelten Wälder bei. Sie sind die ersten Tiere, die bei uns je unter Naturschutz gestellt wurden, und das war bereits vor mehr als 200 Jahren! Bereits damals hatte man den ungeheuren Nutzen dieser Tiere für die hiesigen Wälder erkannt.
Ferner stellen die Honigtauerzeuger ein wichtiges Nahrungsangebot dar: Viele Standvögel, ganz besonders die Kohlmeisen, Blaumeisen, Sumpfmeisen, Wintergoldhähnchen, Kleiber und Gartenbaumläufer suchen im Winter die Zweige, Borke usf. nach den Eiteppichen und anderen Entwicklungsstadien der Pflanzensauger ab und können somit gut überleben. Das ist natürlicher und somit gesunder als jede noch so gut gemeinte Winterfütterung durch uns Menschen selbst.
Diese, und viele weitere Vogelarten sind, oft im Verein mit den Ameisen, sehr tatkräftig in der Lage, das natürliche Gleichgewicht (Gesundheitspolizei des Waldes) aufrecht zu erhalten!
Aber, es geht nochweiter: Ameisen stellen als Teil der Nahrungskette selbstverständlich auch ihrerseits einen wertvollen Lieferanten tierischen Eiweißes dar. Es sei noch einmal an deren Wert als erste Nahrung im zeitigen Frühjahr für beispielsweise der Wachholderdrossel auf dem Flug in die Brutgebiete erinnert. Oder auch: verschiedene Spechtarten sind zur Aufzucht ihrer Jungen vom reichen Angebot von Ameisen abhängig, usw.! Erinnert sei an dieser Stelle ebenfalls an die fast ausschließliche Grundlage der Ernährung von Küken von Rebhuhn, Fasan, aber auch Birk- und Auerhuhn, zumindest in den ersten Tagen und Wochen.
Das alles und noch viel mehr fällt schon einmal weg, wenn Harmonia axyriridis ungebeten und schädlich sein Unwesen treibt. Denn natürliche Feinde hat der Käfer bei uns nicht, wenn auch gelegentlich einmal beobachtet wird, dass eine Spinne das Glück hatte, einen Käfer im Netz zu haben. Auch sind unsere sonst so nützlichen und unverzichtbaren Waldameisen als Gesundheitspolizei nicht in der Lage, diesem ungebetenen Gast Paroli zu bieten! Sie sind für Ameisen unangreifbar.
Diese, meist in aller Stille vor sich gehenden Abläufe sind mindestens genau so wichtig, wie das, was wir täglich über Natur- und Umweltschutz in den Medien hören und lesen. Wie gesagt, spielt sich dieses jedoch im Stillen, viel zu oft Unbeachteten und daher Unbekannten ab!
Mit freundlichen Grüßen
Jürgen Dittmer
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