Hallo Boro,
Zum Mitlaufen von Serviformica auf den Raubzügen hat ja Herr Heller schon geschrieben. Man muss auch bedenken, dass das in verschiedenen Regionen unterschiedlich sein kann. Genfluss über 1.000 und mehr km dürfte bei so seltenen und inselartig verbreiteten Arten recht eingeschränkt sein, so dass sich lokale Anpassungen entwickeln können.
Ich denke nur an Myrmoxenus (früher: Epimyrma) kraussei, degenerierter Sklavenhalter. Überall im Mittelmeergebiet Populationen mit wenigen (bis 5) oder mehr (bis 20) Myrmoxenus-Arbeiterinnen, auf Kreta sind sie gänzlich arbeiterinlos! Und das bei überall derselben Wirtsart Temnothorax recedens.
2. Intermorphe-Ergatomorphe-Gynomorphe
Zitat:
In jedem größeren Nest von Polyergus rufescens kommen etliche Gynomorphe vor, die von den schwärmenden Königinnen im Habitus abweichen
.
Liegt hier evtl. eine Verwechslung von Begriffen vor?
Die Begriffe Gynomorphe, Intermorphe, Ergatomorphe haben wir vorgeschlagen (irgendwann um 1978), als uns klar wurde, dass Königin zwei Bedeutungen haben kann: Die geflügelte, nach Begattung entflügelte Vollweibchenform (= Gynomorphe) und das begattete, befruchtete Eier legende Tier, das eben nicht immer gynomorph ist, sondern je nach Ausprägung als ergatoide Königin u.a. bezeichnet wurde und morphologisch irgendwo zwischen der Gynomorphen und der Ergatomorphen (= normale Arbeiterin) steht (bzw. sogar ganz ergatomorph sein kann).
Alle Zwischenformen haben wir unter Intermorphen subsumiert.
Queenless ants nach Peeters sind solche, bei denen die gynomorphe Form fehlt, die Königinfunktion von Ergatomorphen übernommen wird, Bsp. Diacamma. Für Peeters und seine Anhänger sind queens eben nur die ge-/entflügelten Tiere, egal ob begattet/fertil oder nicht. Polygynie bezieht er dann aber wieder auf reproduktive Individuen, so dass er über Polygyny in the queenless ant xxx schreiben konnte.
Kommt noch der Quatsch mit den Interkasten hinzu: Das sind morphologisch zwischen Gynomorphe und Ergatomorphe stehende Formen, die aber nur vereinzelt auftreten und keine Funktion, schon gar nicht als reproduktive Königin haben. Die Frage ist da, was man als Kaste bezeichnet: Die Morphen oder die funktionell spezialisierten Tiere. Falls letzteres, ist "Interkaste" Unsinn: Es gibt nichts zwischen begattet fertil und unbegattet steril. Allenfalls unbegattet fertil, aber dann wird's endgültig undurchschaubar, weil dann bei vielen Arten die Arbeiterinnen zu Eier legenden "Interkasten" werden könnten.
Zurück zu Polyergus:
Normalerweise hat jede Kolonie eine einzige gynomorphe Königin (entsprechend der bronzefarbenen Königin in Ihrem hier oben verlinkten thread). Immer mal wieder findet man Kolonien, in denen zusätzlich mehrere Intermorphe leben bzw. aufgezogen werden (entsprechend Ihrer ergatomorphen Königin auf dem Grashalm in Ihrem thread).
Deren Funktion ist bis heute nicht klar. In grauer Vorzeit, am Anfang meiner Karriere, habe ich mal zwei aus einem Nest seziert und gefüllte Receptacula "gesehen". Inzwischen traue ich mir damit selbst nicht mehr über den Weg.
Man müsste auch bei Ihrem Beispiel wissen, ob diese Tiere begattet sind und ob sie z.B. nur intermorphe Jungweibchen oder sowohl gynomorphe als auch intermorphe produzieren: Das wäre dann ein Königinnen-Polymorphismus.
Herr Heller hatte mir mal ein paar Intermorphe geschickt, die aber unbegattet waren. Dabei stellte ich fest, dass diese Tiere gar nicht einfach zu präparieren sind: Organe ungewöhnlich weich und hinfällig, so dass man sich nicht richtig sicher sein kann, was man sieht.
Ich würde daher sehr gerne noch weitere solche Tiere präparieren, bevorzugt solche, die auf dem Raubzug mitlaufen, oder über einem Wirtsnest lauern, so wie Sie es abgebildet haben!
Wenn es also im nächsten Sommer wieder so weit ist, wäre ich für Zusendung einiger Exemplare dankbar. Müsste per e-mail zeitlich abgestimmt werden und ich würde sie lebend benötigen.
Seifert hat diese Intermorphen nicht erwähnt, vermutlich weil man nicht viel dazu sagen kann.
Zu den Färbungsvarianten kann ich leider nichts sagen. Die ganz schwarze Königin sieht irgendwie nicht so aus als sei die Färbung durch Myrmicinosporidium verursacht. Es wäre aber möglich. Genau kann man es erst sagen, wenn man so ein Tier aufmacht
(
http://www.ameisenwiki.de/index.php/Myr ... dium_durum )
Viele Grüße,
A. Buschinger